Moritz@Unbound 200 (USA) Race Recap

Ausführlicher und eindrucksvoller Bericht unseres RCB-Elitefahrers Moritz Dehnert über sein Gravel-Abenteuer in den USA! 6. Platz in seiner Altersklasse! Glückwunsch!!!

Falls ihr es nicht kennt, Unbound 200 – ehemals bekannt als Dirty Kanza 200- ist das wohl größte und vermutlich auch härteste Gravel- Rennen, das es gibt. Dabei steht die 200 für die Distanz in Meilen- also knapp 320km, von denen lediglich 6km asphaltiert sind. Der Rest ist feinster Gravel. Und dazu knappe 3000 hm.

Im Staat Kansas im mittleren Westen der USA trifft sich also einmal in Jahr die Gravel-Elite und viele Enthusiasten, die diese Strapazen auf sich nehmen wollen. Alles begann bei einer der DKS- Trainingsfahrten und einer Unterhaltung mit Karsten über das besagte Rennen und meiner Vermutung, dass ich in der Lotterie ohnehin kein Erfolg haben werde, also habe ich mich registriert und nun hieß es warten bis zum 26.01.22.
Das Rennen hatte ich schon länger im Auge – wobei es immer die sportliche Herausforderung war, die 320km – so schnell wie möglich zu absolvieren.
Wie es der Zufall wollte, kam dann am 26.01. die Email und die gute Nachricht, dass mir ein Startplatz zugelost wurde.
Knapp 5 Monate und unzählige Trainingseinheiten später, stand ich in den USA – mitten im Nirgendwo und war „bereit“ Unbound 200 zu starten.
Ich hatte viel geplant, überlegt, angepasst und dachte ich wäre auf relativ viel Vorbereitet- aber ich sollte mich irren.
Mein Rad für Unbound:
Rahmen: Canyon Inflite CF SLX
Gruppe: Shimano GRX / Dura-Ace Mix
Kurbel: Power2Max /Rotor ALDHU 50-34
Kassette: Shimano XT 11-40
Schaltwerk: GRX Di2 815
STI: GRX Di2
Laufräder Reynolds Assault LE
Reifen: Specialized Pathfinder Pro 38mm

Das Rennen
Topeka 3:30 Uhr Ortszeit – Wecker
Der Start war für 6 Uhr morgens angesetzt. Aufgrund der Lage meiner Unterkunft, hatte ich ca. 1 Stunde fahrt und wollte Frühzeitig am Start sein, damit ich eine gute Ausgangsposition unter den ca. 1200 Starten hatte.
Bis dahin lief alles Reibungslos und ich schaffte es, nach dem Start um 6 Uhr an Position 4 hinter dem Führungsfahrzeug zu sein.
Nachdem wir die ersten 4 km auf Asphalt absolviert hatten, startete das Rennen mit der Einfahrt auf den ersten Gravelsektor. Das Gefühl mit ca. 40 km/h in einem größeren Feld über Gravel zu donnern, muss man wohl selber erlebt haben- aber es ist schon ziemlich Verrückt.
Man hört es überall nur knallen, die Steine fliegen gegen die Rahmen, oder es werden auch mal Golfball-große Steine hochgeworfen – gegen Helm, Arme oder Beine. Bereits in der frühen Phase, sieht man links und rechts Fahrer anhalten, die bereits die ersten platten Reifen beheben müssen.
Nach ca. 20 Minuten bzw. 10km- passierte dann genau das, was ich nicht geplant und auch nicht gehofft hatte. Direkt vor mir wird eine große Welle gefahren, die mein Vorderrat abräumt und ich bei ca. 35km/h auf dem Schotter liege. – Klasse !
Nachdem ich schnell mein Rad eingesammelt und eine meiner zwei Flaschen noch schnell aufsammeln konnte, habe ich versucht wieder so viele Plätze wie möglich gut zu machen. Ich hatte zwar leichte Schmerzen, aber das Adrenalin und die kleine Freude, wenigsten weiter fahren zu können- haben mir geholfen.

Danach hieß es erstmal einfach weiter fahren und weitere Defekte und Stürze zu vermeiden. Das alles klappte auch sehr gut und der ersten Check-Point nach 77 Meilen, war nach etwas mehr als 4 Stunden passiert.
Nach dem Check-Point I war ich immer wieder in kleineren Gruppen unterwegs, habe jedoch einige Plätze und Gruppen durch zwei Platte Hinterreifen verloren und war zeitweise auch alleine Unterwegs. Bei Meile 100 bzw. nach 160 km fing es dann an richtig stark zu regnen. Die Schotterstraßen wurde mehr und mehr matschig und die Sicht zunehmend schlechter.

Zu der Zeit war ich in einer größeren Gruppe Unterwegs, wir passierten in strömendem Regen die zweite Wasser-Oase bei Meile 120 und
waren auf zunehmend schlechteren Straßen unterwegs. Nach ca. 200 km fuhren wir nach einer kurzen Abfahrt in ein extrem schlammiges Teilstück, mein Vordermann stürzte und ich direkt hinterher. Klasse. 200km zweimal gestürzt, die Gruppe weg und der nächste Checkpoint noch 65km entfernt. Aber DNF war kein Option. Also habe ich mein Rad gerichtet, es einige Meter durch den Schlamm getragen und mich alleine weiter Richtung Checkpoint III gekämpft. Die vermutlich längsten 65km des Rennens. Es wollte einfach nicht rollen und die Motivation durch fehlende Mitfahrer und zwei Stürze war mehr als bescheiden. Aber ich bin einfach weitergefahren. Nach ca. weiteren 50km also 250km gesamt und ca. 9 Stunden auf dem Rad, erreichte ich eine Passage, die aufgrund des starken Regens nicht mehr zu fahren war. Mein Rad, ca. 5kg schwerer durch den ganzen Matsch, keine Option das Rad zu schieben bzw. zu fahren, musste also über eine ca. 1-2 Meilen lange „hike a bike“ Sektion getragen werden- da beim schieben sofort alles mit dem lehmartigen Matsch zugesetzt war.

Nach diesem Abschnitt, wurde dann der letzte Checkpoint bei KM 264 passiert und dann waren es ja nur noch knappe 60km.

Das Wetter ist mittlerweile besser geworden, der Regen hatte sich in Sonne gewandelt und die Strecke wurde auch zunehmen angenehmer und ich konnte ein wenig Strecke machen. Das einzig problematische war, dass die letzten 60km alles andere als flach waren und es ging weiterhin munter auf und ab. Die letzten zwei Stunden fühlten sich extrem schwer an, gefühlt bin ich 260-280 Watt gefahren – die Ernüchterung kam jedoch später- denn es waren nur 200. Es hat sich aber wesentlich härter angefühlt. Unterwegs habe ich noch ein paar weitere Fahrer eingesammelt, so dass wir als kleine Gruppe Richtung Ziel gerollt sind.

Nach 11:55:25 und einem Schnitt von ca. 27 km/h bin ich mehr oder weniger Glücklich, aber definitiv Stolz durchs Ziel gerollt.
Mit einem 155. Gesamt und AK P. 6 und dem Hinblick auf die ganzen Dinge, die nicht so liefen wie sie sollten- bin ich durchaus zufrieden. Man kann für viel Planen und es lohnt sich definitiv, aber bei einem 320km Gravel-Rennen, bei dem es lediglich 6km Asphalt gibt, kommt es eben doch anders.

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